„Schlechte“ Gutachten und deren Bezahlung

OLG Hamm entscheidet: Keine Kosten bei Beschwerdeerfolg

Gutachten von über 10.000 DM sollte Kinder einer Familie weiter entziehen

2016-05-09

von Horst Schmeil, Diplom Pädagoge aus Berlin

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FamRZ 20/2001

Hamm. Bezüglich Gutachten und ihre Bezahlung hat das OLG Hamm bereits am 24.10.2000 mit dem Aktenzeichen 15  WF 384/00 entschieden, dass keine Kosten aus der 1. Instanz zu zahlen sind, wenn in der Beschwerde auch nur ein Teilerfolg erzielt wird.

Auch damals ging es um ein Gutachten, das 10.000  DM kosten sollte, um die Kinder einer Familie weiter entziehen zu können.

Fundstelle: FamRZ 20/2001 S. 1078 / FamRZ 21/2001, S. 1474

OLG Hamm – KostO § 14, § 131 V

(15. ZS, Beschluß v. 24.10.2000 – 15 W 348/00)

Auslagen im Beschwerdeverfahren über das Sorgerecht werden bereits dann nicht erhoben, wenn die Beschwerde durch Einräumung eines Umgangsrechts einen Teilerfolg hatte.
(Leitsatz der Redaktion)

Aus den Gründen:
Die nach § 14 III S. 1 KostO zulässige Beschwerde des Beteiligten [Bet.] zu 1 ist begründet.

Gegenstand des Kostenansatzes ist ausschließlich die Entschädigung, die im Erstbeschwerdeverfahren dem Diplom-Psychologen, der aufgrund des Beweisbeschlusses des LG v. 24. 3. 1998 ein Sachverständigen[SV]-Gutachten erstattet hat, i. H. von 11.552,20 DM gewährt worden ist; i. H. von 1/3 dieses Betrages (4.520,24 DM) wird der Bet. zu 1 als Kostenschuldner in Anspruch genommen. Es handelt sich somit um Auslagen des Erstbeschwerdeverfahrens i. S. des § 137 Nr. 6 KostO.

Die Erhebung von Auslagen des Erstbeschwerdeverfahrens ist gesondert in § 131 V KostO geregelt. Nach dieser Vorschrift werden Auslagen, die durch eine für begründet befundene Beschwerde entstanden sind, nicht erhoben, soweit das Beschwerdeverfahren – wie hier – im Falle des sachlichen Erfolgs des Rechtsmittels gebührenfrei ist. Im vorliegenden Fall hat das Rechtsmittel des Bet. zu 1 zu einem Teilerfolg geführt: Das LG hat den beschwerdeführenden Kindeseltern in Abänderung der Entscheidung des AmtsG ein näher geregeltes Umgangsrecht eingeräumt, während es den Entzug der gesamten elterl. Personensorge bestätigt hat. Erweist sich eine Beschwerde teilweise als begründet, so bleiben nach gefestigter Rspr. die Auslagen unerhoben, soweit sie nicht gerade durch die Erstreckung der Beschwerde auf den für unbegründet befundenen Teil entstanden sind

(BayObLGZ 1959, 71 = Rpfleger 1960, 95; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1975, 410; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 14. Aufl., § 131 Rz. 46).

Bei einem unteilbaren Verfahrensgegenstand müssen deshalb die Auslagen insgesamt außer Ansatz bleiben, auch wenn die Beschwerde nur teilweise zum Erfolg geführt hat.

So liegen die Dinge hier. Die Entscheidung über die vom AmtsG getroffene Sorgerechtsmaßnahme bildet mit derjenigen über die getroffene Umgangsregelung einen einheitlichen Verfahrensgegenstand. Denn es handelt sich insgesamt um ein Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in dem nach den §§ 1632 IV, 1666 BGB über die zur Abwendung einer Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl der Kinder erforderlichen Maßnahmen zu entscheiden war. Die Regelung eines Umgangs der Eltern mit den betroffenen Kindern für den Fall der Aufrechterhaltung der Trennung der Kinder von den Eltern stellt sich verfahrensrechtlich lediglich als Teilaspekt der von Amts wegen zu treffenden Gesamtregelung dar. Insbesondere dann, wenn der Eingriff in die elterl. Personensorge maßgeblich darauf gestützt wird, daß der Mißbrauch des Elternrechts bzw. das unverschuldete Elternversagen in dem Verlangen nach einer Trennung des Kindes von der Pflegefamilie liegt, kann eine Regelung des Umgangs der Eltern mit den in der Pflegefamilie verbleibenden Kindern dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Elternrecht entsprechen und stellt sich damit als Teil der getroffenen Gesamtregelung dar (vgl. etwa BayObLG, FamRZ 1984, 817 = NJW 1984, 2168; Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., § 1632 Rz. 26). Diesem Gesichtspunkt hat das LG hier in seiner Beschwerdeentscheidung durch die Regelung des Umgangsrechts der Kindeseltern Rechnung getragen. Die diese Entscheidung vorbereitenden Ermittlungen durch Einholung des Gutachtens des SV dienten der Feststellung der Gefährdung der Kinder sowie ihrer Bindungen zu den Kindeseltern und den Pflegeeltern. Diese Ermittlungen können, wie auch das LG angenommen hat, nicht allein der Vorbereitung der Entscheidung über die Sorgerechtsmaßnahme zugeordnet werden. Vielmehr basiert auch die Umgangsregelung in gleicher Weise auf dem Gutachten des SV. Dann müssen aber die entstandenen Auslagen für das SV-Gutachten insgesamt außer Ansatz bleiben ohne Rücksicht darauf, daß der Umgangsregelung im Rahmen der Gesamtentscheidung nur ein geringeres Gewicht als der Sorgerechtsmaßnahme zukommt (OLG Zweibrücken, a.a.O.).