Albert Wunschs Urlaub-Tipps: Wie wird der Urlaub zur schönsten Zeit des Jahres ?

Wenn Körper und Seele per Aus-Zeit nach Entspannung sucht

2014-07-08

 

Urlaub. Vorbereitung auf die kostbarste Zeit im Jahr.

Urlaub. Vorbereitung auf die kostbarste Zeit im Jahr.

Urlaub machen heißt meist, vom Alltag abschalten, Tristes überwinden, Neues entdecken. Viele, meist aber unabgestimmte Erwartungen – an wen auch immer – werden mit dieser Zeit verbunden. Durch welche Voraussetzungen sich jedoch im Ferien-Alltag ein gutes Miteinander ergibt, wird meist ausgeblendet. Damit die ‚schönste Zeit des Jahres’ nicht zum Störfall wird, sollte Wesentliches nicht dem Zufall überlassen werden. Sonst kann es leicht vom ‚vom Strand zum Konflikt-Coach’ gehen. Ganze 9 Minuten sprechen Paare nach Einschätzungen von Paarberatern täglich miteinander und nun hocken sie 24 Stunden aufeinander’ Mit dem Auto wird oft sorgfältiger umgegangen als mit der Beziehung. Denn Fahrzeuge werden meist vor einer Reise noch einmal durchgecheckt, während das Zusammenleben eher zufällig im Urlaub auf den Prüfstand gerät. Dann können die Beteiligten – selbst ohne Sonnen-Einstrahlung – kräftig ins Schwitzen geraten. Aber das muss nicht sein. Kein Projektleiter käme auf die Idee, Ziele oder Erwartungen nicht in planbare Handlungsschritte umzusetzen. Dies gilt genauso für die Urlaubszeit, selbst wenn sie zu Hause verbracht wird. Abhilfe schafft ein gute Vorabstimmung zu den Rahmenbedingungen, die Klärung von unterschiedlichen Vorstellungen, der damit verbundenen – auch finanziellen – Konsequenzen sowie eine Regelung der anfallenden Aufgaben.

So sind vor der ersehnten Aus-Zeit etliche Selbstvergewisserungen bzw. Entscheidungen zu treffen. Bin ich eher ein Planer oder Laufenlasser? Soll ein toller Strand oder eine interessante Berggegend angesteuert werden? Geht es um aktives Tun oder gezieltes Abschalten, Individualurlaub oder Gruppenreise? Lass ich das Diensthandy zu Hause, um mal wirklich abschalten zu können, oder meine ich, ohne mich geht es nicht? Und bei den Rahmenbedingungen bewegt sich die Entscheidungs-Bandbreite – meist unabhängig von der Gegend – zwischen Zelten, Jugendherberge, Selbstverpfleger-Ferienwohnung, Bauernhof-Pension bis hin zum All-Inclusive-Hotel. Für alle Situationen gilt: ‚Wer nicht weiß, wohin bzw. was er/sie will, wird auch etliche Ferien-Träume nicht verwirklichen können’.

Gut organisiert. Mit Volldampf voraus !

Gut organisiert. Mit Volldampf voraus !

Auch wenn es für Paare – auf die Anzahl der Beteiligten bezogen – in der Regel leichter ist, eine gemeinsame Abstimmung übers Wollen und Vermeiden zu erreichen, häufig trüben auch hier unausgesprochene Erwartungen bei Nichterfüllung die Stimmung beträchtlich. Da dachte Sie, dass mal endliche auch Zeit für wichtige Gespräche sei, während er zwischen Mountainbike-Touren und Internet-Surfen Entspannung sucht. Und er meinte, einfach mal im kleinen Selbstversorger-Appartement in Ruhe ein paar spannende Bücher schmökern zu können, während sie davon ausging, etliches gemeinsam zu unternehmen und die Verpflegungs-Organisation keinesfalls alleine stemmen zu sollen.

Da Niemand zu seinem Glück bzw. zur Erfüllung eigener Wünsche getragen oder gar gezwungen werden sollte, hat bei einer tragfähigen Urlaubszeit-Planung die Eigenverantwortung im Zentrum zu stehen. Das heißt für Eltern, dass sie sich nicht als Bespaßer ihrer Kinder betätigen sollten, ob als selbst erwählte Rolle oder vom Nachwuchs so eingefordert. Denn ein solcher Weg würde weder aus der Sicht der Kinder noch aus dem Blickwinkel der handelnden Väter und Mütter erfolgreich sein können. Selbst Profi-Spaßmacher müssen sich oft damit abfinden, dass Ihre Mühe meist nur mit einem milden Lächeln honoriert wird. Die super-positiv Variante von Söhnen und Töchtern auf elterliche Event-Akrobatik lautet dann meist: ‚Na ja, schlecht war`s ja nicht!’

Daher ist bei Familien vor Ferienbeginn mit den Kindern ab 3 – 4 Jahren – je nach Alter variierend – zu klären: „Wer übernimmt welche Aufgabe im Tagesablauf in den Ferien. Besonders bei Selbstversorger-Freizeiten gibt es reichlich Tätigkeiten zwischen Frühstück und Abendessen. Wird dies innerhalb einer Pauschalreise mehr oder weniger alles geregelt, sind die Planungen auf das gemeinsame oder auch – bei größeren Kindern – zeitweise separierte Tun im Tagesablauf gerichtet. Was soll unternommen werden? Wer ist für die Organisation zuständig? Was sollte möglichst vermieden werden? Wie finden innerhalb der Ferien sinnvolle Abstimmungsprozesse statt? Hilfreich ist es auch, wenn eine Kennzeichnung der Programmplanung nach den Kategorien ‚gutes Wetter’, ‚nicht so tolles Wetter’, ‚auch bei Regen gut umsetzbar’ erfolgt, um in der Situation schneller entscheiden zu können.

Planen. Damit es kein Reinfall gibt !

Planen. Damit es kein Reinfall gibt !

Falls Kinder dazu neigen sollten, wenig nützliche oder gar schädliche Dinge für sich einzuplanen – z. B. aus dem Bett nicht rauskommen oder stundenlang vor TV-Geräten, PC’s Spielkonsolen oder Ähnlichem abhängen zu wollen, sind hier Maximal-Zeiten pro Tag aus Sicht der Eltern festzulegen und mit den Kindern zu vereinbaren, damit der Nachwuchs sich nicht zu umfangreich von Bewegung, frischer Luft, sozialen Kontakten und neuen Erfahrungen absorbiert. Gleichzeitig wird so auch das Wachstum von ‚viereckigen Augen’ vermieden.

Da in der Regel Etliches nur mit einem bestimmten Finanzaufwand zu realisieren ist, wird auch gemeinsam geklärt, welche dieser Vorhaben aus dem Familien-Urlaubsbudget zu realisieren sind und was nur bei einem Einsatz des pro Kind bereitgestellten persönlichen Urlaubsbudgets oder unter Einbeziehung des Taschengeldes verwirklicht werden kann und welche Kombinationen möglich sind. Eltern, welche sich bisher noch nicht für eine Budget-Regelung entschieden haben, werden schnell erfahren, wie erleichternd und lehrreich dies für alle Beteiligten ist.

Nun werden die Planungen in einen eigenen Ferien-Ablauf-Plan eingetragen. So wird das nach zwei drei Ferien-Tagen einsetzende Gejammer in den Variationen: „Was soll ich denn heute tun? „Mama, mir ist so langweilig!“ oder „Dazu habe ich heute gar keine Lust?“ maximal minimiert. Aber auch ad hoc Situationen wie: ‚Ich will jetzt mit Max und Erna ins Spaßbad und dazu brauche ich für Eintritt, Getränke, Eis und Snacks 30,- EURO, aber bitte schnell, die anderen warten’, werden so vermieden. So lassen sich recht gut unterschiedlichste Freizeit-Gestaltungsideen in einen koordinierten Gesamtplan bringen.

Seele darf baumeln. Der Körper auch !

Seele darf baumeln. Der Körper auch !

Neben einem sinnvollen alltagspraktischen Handeln können Eltern in einer solchen ‚Sonder-Zeit’ aber auch zu ihren Kindern neue Zugänge erschließen, indem sie sich über Träumereien, Zukunftspläne, Sorgen, Unsicherheiten, brachliegende Fähigkeiten, besondere Fertigkeiten, die umfangreichere Realisierung von Hobbys – auch unter finanziellen und zeitlich-organisatorischen Gesichtpunkten – austauschen, ob als Paar oder innerhalb einer Familie. Damit sind – im Falle eines Familienurlaubs – keine Fragerunden im Sinne: ‚Was ich immer schon einmal von dir wissen sollte’ gemeint, sondern Chancen für einen differenzierten Gedankenaustausch gemeint, in welche Eltern sich ähnlich einbringen wie ihre Kinder. Häufig wird dann ‚als Nebenprodukt’ deutlich, weshalb sich Sohn oder Tochter in der Schule überhaupt oder im Fach X bzw. bei der Lehrkraft Y so schwer tut, weshalb manchmal Mauern zwischen Kindern und Eltern wachsen, in welchen Situationen Konflikte bevorzugt auftreten, besonders in der Zeit der Pubertät, auf welche Weise das Klima in der Familie verbessert werden könnte und welche Sprüche oder Reaktionsmuster der Kinder bzw. von Mama oder Papa wirklich umgehend in den Restmüll gegeben werden sollten. So würden Ferien zur einer (Aus)Zeit, in welcher nicht nur gemeinsam neue Erfahrungen in Natur und Alltag gemacht werden, sondern gleichzeitig das Leben im Miteinader einen neuen Schub erhält.

Kommt ein gut lebbarer Konsens zwischen den unterschiedlichen Erwartungen zustande, kann es wirklich eine ‚schöne (Sonder-)Zeit’ werden. Dann wird die Seele von Paaren oder Eltern für einige Zeit ganz entspannt in der Hängematte baumeln, Wünsche und Sehnsüchte fliegen auf den Wolken ins Irgendwo und manche Sorgen können auf den Wellen des nahen Baches ins Ur-Meer fließen. Während dessen kann – falls vorhanden – der Nachwuchs jenseits von technischen Freizeitgeräten in neue emotional geprägte Innen- oder Außenwelten vordringen, in Abgrenzung von schulischem Lernen manch unbekannte Galaxien entdecken und erforschen, durch die Wandlung bzw. Überwindung von sattsam bekannter Alltags-Langeweile in kreativ-ideenreiche Erfahrungsräume vorstoßen.

Ja, – ein erwartungsgeerdeter Urlaub hilft allen Beteiligten abzuschalten, reduziert den Alltags-Ballast, füllt den Reservetank unseres Leistungsvermögens kräftig auf und gibt damit unserer persönlichen Resilienz einen kräftigen Wachstums-Schub. Also: Nichts wie weg, in entspannende Ferien.

Copyright: Dr. Albert Wunsch, 41470 Neuss, Im Hawisch 17

albert_wunschDr. Albert Wunsch ist Psychologe und promovierter Erziehungswissenschaftler, Diplom Pädagoge und Diplom Sozialpädagoge sowie Kunst- und Werklehrer.

Bevor 2004 eine Lehrtätigkeit an der Katholischen Hochschule NRW in Köln (Bereich Sozialwesen) begann, leitetet er ca. 25 Jahre das Katholische Jugendamt
in Neuss. Im Jahre 2013 begann er eine hauptamtliche Lehrtätigkeit an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) in Essen / Neuss. Außerdem hat er seit vielen Jahren einen Lehrauftrag an der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf und arbeitet in eigener Praxis als Paar-, Erziehungs-, Lebens- und Konflikt-Berater sowie als Supervisor und Coach (DGSv). Er ist Vater von 2 Söhnen und Großvater von 3 Enkeltöchtern.

Weitere infos: www.albert-wunsch.de