Anmaßende Kompetenzüberschreitung des Jugendamtes Gießen bei Erhebung von Daten schwer gerügt

Interview mit der Psychologin Andrea Jacob nach deren Gewinn vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof: „Ein Gerücht reicht für Kindesentzug“

Exzessiver Datenschutzmissbrauch, Kompetenzüberschreitungen und Verletzung der Persönlichkeitsrechte

2014-10-01
aktualisiert 2024-01-16

Kassel. Hessischer Verwaltungsgerichtshof.

Kassel. Hessischer Verwaltungsgerichtshof. Foto: Heiderose Manthey.

Kassel/Gießen. Am 17. September 2014 ist ein entscheidender Prozess vor dem 10. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes ausgetragen worden. Die Psychologin Andrea Jacob ging als Siegerin hervor.

Worum handelte es sich genau in diesem Prozess, bei dem Rechtsanwalt Thomas Saschenbrecker Ihr Klagevertreter war ?

Exzessiver Datenschutzmissbrauch, Kompetenzüberschreitungen und Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch die Stadt und den Landkreis Gießen

Es handelte sich um exzessiven Datenschutzmissbrauch, Kompetenzüberschreitungen und Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch die Stadt und den Landkreis Gießen. Deren Jugendämter nehmen es nicht nur mit dem Datenschutz nicht sehr genau. Deshalb habe ich Anklage erhoben und in zweiter Instanz gewonnen. In erster Instanz, beim Verwaltungsgericht Gießen hatte man mir ebenfalls erst Recht gegeben, aber die Verflechtungen zwischen der kommunalen Politik, Justiz und Exekutive ist so unerträglich stark, dass nicht Gesetz, sondern Beziehungen zählen.

Wie kommt es, dass sowohl die Stadt Gießen als auch der Landkreis mit den jeweiligen Jugendämtern ein solch durchdringendes Auge auf Sie geworfen hat ?

Unsägliche Verflechtungen zwischen den Staatsgewalten

Andrea Jacob im Gerichtssaal des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes.

Andrea Jacob im Gerichtssaal des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes. Letzte Vorbereitung auf den Prozess gegen Stadt Gießen und Landkreis. Foto: Heiderose Manthey.

Es sind, wie bereits ausgeführt, die unsäglichen Verflechtungen zwischen den Staatsgewalten. Eine Hand wäscht die andere und wenn jemand wie ich immer wieder rechtliche Verfehlungen aufdeckt und sich vor klaren Worten nicht drückt, erfährt, dass Demokratie in Deutschland nicht für jeden bestimmt ist.
Beim Vortrag der Jugendamtsmitarbeiterin erblasste ich sogar ein wenig. Frau Schlatköter fragte doch tatsächlich den Vorsitzenden Richter, wie sie richtigerweise hätte vorgehen müssen.

Haben Sie so etwas schon einmal erlebt, dass eine „ausgebildete“ Mitarbeiterin des JA eine Lehrstunde in einem Verwaltungsgerichtshof einfordert ?

Mitarbeitern der Jugendämter nicht einmal die einfachsten datenschutzrechtlichen Grundsätze bekannt

Der Gerichtssaal. Hessischer Verwaltungsgerichtshof in Kassel.

Der Gerichtssaal. Hessischer Verwaltungsgerichtshof in Kassel. Foto: Heiderose Manthey.

Mich wundert schon lange nichts mehr. Wenn den Mitarbeitern der Jugendämter nicht einmal einfachste datenschutzrechtliche Grundsätze bekannt sind, muss man sich erst recht nicht wundern, wenn über 42.000 Inobhutnahmen im Jahr ohne die gebotene rechtliche Grundlage gemacht werden. Wenn man bedenkt, dass viele Familien drei oder vier Kinder haben, kann man sich ausrechnen, wie viele Kinder tatsächlich aus ihren Familien gerissen werden, denn es werden nicht die Kinder, sondern nur die Vorgänge der Inobhutnahmen statistisch festgehalten.

Ein Gerücht reicht für Kindesentzug

Ohne hinreichende rechtliche Grundlagen werden kleine Kinder immer wieder aus ihren Familien gerissen. Ein Gerücht reicht, rechtsmedizinische Untersuchungen werden fast nie durchgeführt. In den meisten Fällen der Inobhutnahmen werden Kinder weder untersucht, noch werden echte Tatsachen von den Familiengerichten verlangt. Meine persönliche Auffassung ist mittlerweile, dass sich ein regelrechter staatlich geförderter, gebilligter und durchgeführter Kinderhandel etabliert hat.

Handel mit Kindern wird betrieben

Auf dem mousepad steht: Modernisierung der Justiz. Wie wird also das Urteil ausgehen ?

Auf dem mousepad steht: Modernisierung der Justiz. Wie wird also das Urteil ausgehen ? Foto: Heiderose Manthey.

Die Familienministerin will den Handel mit Kindern nun auch noch erleichtern, indem Eltern Rechte entzogen und Pflegeeltern übertragen werden sollen. Da hätte man sich auch nicht über Margot Honecker beschweren müssen.

Extrem verwunderlich war für mich das Vortragen der Frau Djidonou, die tief, zu tiefst (!) in ihre angebliche familiäre Situation hineinbohrte.
Sie antworteten unmittelbar nach dieser beschuldigenden Schilderung: „Das ist gelogen.“ Auf Anfrage des Vorsitzenden Richters, ob Frau Djidonou dies zu Protokoll geben wolle, verneinte diese – allerdings erst nach ausgiebiger Beratung mit der Jugendamtsmitarbeiterin.

Was genau ist Ihnen von Frau Djidonou vorgehalten worden ?

Frau Djidonou: Durcheinanderwerfen von verschiedenen Verfahren

Unterlagen als Beweise für erschreckende Menschenrechtsverletzungen.

Unterlagen als Beweise für erschreckende Menschenrechtsverletzungen. Andrea Jacob und Rechtsanwalt Thomas Saschenbrecker. Foto: Heiderose Manthey.

Frau Djidonou hat zum einen verschiedene Verfahren völlig durcheinander geworfen und zum anderen darauf abgestellt, dass ich mich anstatt Psychologist MA zu nennen, mir erlaubt hatte, mich Diplom-Psychologin zu nennen, weil der Titel Master in Deutschland nicht so geläufig war. Sie wollte dann darauf hinaus, dass mein Titel nicht gleichwertig sei, was ich aber nicht nur heute vor Gericht, sondern auch bei anderen Behörden zuvor widerlegen konnte, wie Sie heute ja auch gesehen haben.

Sind Sie nun Psychologin oder sind Sie es nicht ?

Nun, meine Abschlüsse habe ich heute in der Verhandlung offen gelegt, samt der Anerkennung durch die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen. Ich denke, wenn alle anderen Behörden damit zufrieden sind, sollte es mich kaum stören, wenn die Jugendämter meinen alles besser zu wissen. Im Übrigen haben sie das ja auch heute nicht mehr bestritten.

Unbestrittene Seilschaften in den Behörden

Rechtsanwalt Thomas Saschenbrecker und Psychologin Andrea Jacob.

Rechtsanwalt Thomas Saschenbrecker und Psychologin Andrea Jacob. Foto: Heiderose Manthey.

Die Schlussworte von RA Saschenbrecker waren nach Ausgang des Prozesses auf die Frage, ob man jetzt feiern könne: „Warten wir ab, was die Gegenseite nun tut. Möglicherweise ist es noch nicht fertig.“

Wie sehen Sie das ?

Wir haben die Rechthaberei dieser unerträglichen Mitarbeiter des Kreisjugendamts und ihre Unterstützung durch das System oft genug erlebt, deshalb muss davon ausgegangen werden, dass diese Behörde hofft mit ihren unbestritten vorhandenen Seilschaften das Rad wieder zu drehen.

Wir werden sehen….

ARCHE bleibt am Ball und wird gegebenenfalls weiter berichten.