Und wieder eine Karlsruher Springprozession: Was ist überhaupt Artikel 6 Abs. 2 GG ?
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.10.2016 – XII ZB 280/15
2016-11-22
Güstrow. Zwei Schritte vor, einen Schritt zurück: Das nah an Karlsruhe gelegene Städtchen Andernach scheint seine Schatten und Gebräuche bis in die obersten deutschen Gerichte zu werfen.
Anders kann auch die Entscheidung vom 05.10.2016, XII ZB 280/15 kaum bewertet werden. Einerseits beruht die Karlsruher Entscheidung auf einer Entscheidung des EGMR aus dem Jahr 2010 – Oh, also zeitnah!!! – zur BGH-Entscheidung, andererseits werden die leiblichen, nichtrechtlichen Väter (Was ist das bei Art. 6 Abs. 2 GG?) im Umgangsrecht mit den „anderen Personen“ aus § 1685 BGB gleichgestellt.
Hier ist wieder einmal festzustellen, dass die Garantien aus dem Grundgesetz aus Art. 6 Abs. 1, 2, 3 und 5 GG offensichtlich nur plakatives Aushängeschild einer Staatsmacht sind, die aus dem Jahr 1984 stammen müssen. Weder wird der familiäre Zusammenhalt als Garantie gefördert, noch werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Epigenetik einbezogen.
„Prüfung“ der Väter: Der Willkür sind Tür und Tor sperrangelweit geöffnet
Das von Vätern bejubelte Urteil des BGH ist wiederum lediglich eine Blase, die in der Realität kaum eine Veränderung bewirken kann, die aber den EGMR beruhigen soll. Entscheidend für diese Ansicht ist die im Urteil geforderte Prüfung der Kindeswohldienlichkeit für die Voraussetzungen, dass das Kind den Umgang mit seinem Vater erhält. Diese Voraussetzung der Prüfung der Kindeswohldienlichkeit verlangt die höchsten Prüfkriterien, die von einem Vater bestanden werden müssen. Worin diese im Einzelfall bestehen und wie sie geprüft werden können, wenn der Vater keinen Umgang mit dem Kind hat, wird nirgends gesetzlich festgelegt. Damit ist der Willkür in derartigen Verfahren wie bisher auch Tür und Tor sperrangelweit geöffnet worden.
Zwar darf das Kind erfahren, wie sein Vater heißt, jedoch hat das Kind keinen eigenen Anspruch, den Vater kennenzulernen und gegebenenfalls zu entscheiden, ob und wie er seinen Vater als solchen in sein Leben einbinden kann. Nach epigenetischen Erkenntnissen wäre es so, als hätte das Kind zwar zwei Programme, von denen er jedoch nur eins benutzen darf, während ihm ein nichtkompatibles als Ausgleich für das nicht benutzte aufgezwungen wird. Die Folgen dürften jedem bekannt sein, der auch nur irgendwann einmal die Tasten einer Tastatur angeschlagen hat.
„Kindeswohldienlicher“ Umgang = Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Rechtsanwälte, Gutachter, Verfahrensbeistände und Jugendamtsmitarbeiter
Es fehlt bei diesem Urteil an der Festlegung von Mindeststandards, die für eine Prüfung erforderlich wären. Besser noch wäre allerdings der Wegfall dieser Einschränkung, da sie ohnehin in § 1697a BGB enthalten ist. Bei Kindeswohlgefährdungen ist zudem die Bremse der §§ 1666 und 1666a BGB gegeben. Alles, was nicht unter eine Kindeswohlgefährdung fällt, ist deshalb kindeswohldienlich. Ausnahmen mögen auch hier die Regel bestätigen. Die festgeschriebene Klausel ist deshalb nur als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Rechtsanwälte, Gutachter, Verfahrensbeistände und Jugendamtsmitarbeiter zu verstehen.
Im Übrigen sollte immer noch der Grundsatz gelten, dass alles erlaubt ist, was nicht verboten ist. Auch hierzu scheint das Familienrecht auf den Kopf gestellt zu sein.
Zwei Schritte vor: Das Kind darf den Namen des Vaters kennen und der leibliche Vater darf Umgang haben, bei einem Rückschritt, dass es nur erlaubt wird, wenn der Umgang kindeswohldienlich ist.