Gesinnungskameradschaften Teil I
2015-03-06
von Andrea Jacob
Gießen. Die Ausgabe zum NSU-Komplex vom 28.02.2015 in der Wochenzeitung „der Freitag“ von Jakob Augstein bringt es auf den Punkt „Bouffier sagt die Unwahrheit“ und weist das mit Zitaten von Bouffier nach1.
Der Mord in einem Internet-Café in Kassel im April 2006 und eine mögliche Verstrickung des hessischen Verfassungsschutzes sind seit Tagen Thema in allen Medien. Die Anwälte der Familie des Opfers haben vor dem Oberlandesgericht München neue Beweisanträge gestellt, die zu einem Eklat mit dem Vertreter der Bundesanwaltschaft führten. Akten wurden reihenweise geschreddert, geschwärzt, und es wurde erhebliches Beweismaterial aus den Akten entfernt. V-Männer erhielten keine umfassende Aussagegenehmigung, um die Morde aufzuklären. Soll der Mordverdächtige Andreas Temme geschützt werden und wenn ja warum? Wer soll noch geschützt werden? Leistet Herr Temme etwa im Regierungspräsidium Kassel, wohin er versetzt wurde, noch immer wertvolle Dienste, um zum Beispiel Dissidenten auszuschalten? Von der Hand zu weisen ist das nicht. Dafür spricht ein Zitat der Hessischen Landesregierung, die von Prof. Dr. Aris Christidis verklagt wurde, seine versuchte Einschüchterung mit einer polizeilichen Hausdurchsuchung ohne rechtlichen Grund und ohne Durchsuchungsbefehl am 01.07.2010 werde (sinngemäß) erklärlich, wenn man unter seinem Namen googelt; dann werde man nämlich (Zitat) „gewisse Einstellungen und Gesinnungen erkennen“2.
Prof. Dr. Christidis war in den Jahren 2006 – 2010 als parteiloser Stadtverordneter im Gießener Parlament für „Die Linke“ und er ist Veranstalter der Tagungen „Die Richter und ihre Denker“, auf denen unsägliche Entgleisungen der Behörden diskutiert und bekannt wurden, worauf vom Vertreter des Landes Hessen ausdrücklich Bezug genommen wurde.
Diese Äußerung der Hessischen Landesregierung verändert das gesamte Verständnis des Landes; denn sie lässt Aspekte zusammenwachsen, die zusammengehören, deren Interdependenz, Affinität und Kohärenz bis just zu jener Äußerung selten und nur beiläufig thematisiert werden konnten und gibt erste Eindrücke von den gemutmaßten bandenähnlichen Strukturen innerhalb von vernetzten Teilen der Politiker, Justiz und anderen Behörden.
Kritiker, Whistleblower, Dissidenten und andere „Störer“ werden gezielt und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt. Deren Unterstützer und seien es ihre Verteidiger, abgeschafft und geschädigt.
Der Prozessbevollmächtigte von Prof. Dr. Christidis, Andrea Jacob, Ph.D. und des Kreistagsabgeordneten der Linken, Dennis Stephan, um nur einige zu nennen, die von der Justiz und ihren politischen Verbündeten unschuldig verfolgt wurden, Rechtsanwalt Thomas Saschenbrecker, soll offenkundig von der Justiz ausgeschaltet werden.
In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Gießen soll einer Betreuten mit Einwilligungsvorbehalt die Beiordnung von Rechtsanwalt Saschenbrecker verweigert werden, weil sie sich trotz Einwilligungsvorbehalts allein verteidigen könne. Das wurde nach einer Beschwerde vom Landgericht Gießen, Richter Wallbott, ebenso gesehen, obwohl die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts voraussetzt, dass der Betreute seinen Willen nicht frei bestimmen kann3. Richter Wallbott und seine Kollegen interpretieren den Einwilligungsvorbehalt auf recht eigensinnige Weise (Zitat): „Es ist durchaus zweifelhaft, ob die derzeit laufende Betreuung überhaupt dem natürlichen Willen der Betroffenen widerspricht und welche Einflüsse und Umstände zur Erteilung der Betreuungsvollmacht und der Vollmacht an Rechtsanwalt Saschenbrecker geführt haben“4.
Richter am Landgericht Wallbott ist auch im Verfahren gegen das Land Hessen, das von Prof. Christidis geführt wird, mehrfach mit anmaßender Rechtsauffassung aufgefallen. Die Befangenheitsanträge, die Prof. Dr. Christidis gegen ihn stellte, hat er selbst als unzulässig abgewiesen, ohne das hinreichend schriftlich zu begründen. Eine gebotene dienstliche Stellungnahme hat er sich erspart. Als Begründung gab Richter Wallbott an, es sei unzulässig, die gesamte Kammer abzulehnen, was eine völlig neue Rechtsauffassung ist und geltendem Recht widerspricht5. Denn die gesamte 2. Kammer des LG Gießen war mit der Klage betraut. Die Übertragung auf einen Einzelrichter hat nicht stattgefunden, zumindest wurde eine solche Entscheidung dem Kläger und seinem Bevollmächtigten nicht zugestellt.
Noch abwegiger ist das Verhalten von Richter Wallbott in der Verhandlung Christidis ./. Land Hessen in der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2015.
Prof. Christidis stellte einen bereits neu vorbereiteten Befangenheitsantrag und gab ihn zur Akte. Ohne sich den Befangenheitsantrag genauer anzusehen, befand Richter Wallbott, dass auch dieser Befangenheitsantrag „offensichtlich unzulässig“ sei. Herr Prof. Christidis rügte, dass der Richter selbst und nicht etwa ein Kontrollrichter über die Befangenheit von Richter Wallbott entscheidet. Der Richter nahm diese erste Rüge auf. Prof. Dr. Christidis trug vor, weitere Beweisanträge stellen zu wollen und zeigte auf einen ca. 50 Seiten dicken Packen an Beweisanträgen und deren Begründungen. Richter Wallbott wies die Beweisanträge als verspätet zurück und verwehrte Christidis den Vortrag der Beweisanträge.
Mit Beschluss vom 29.01.2015 behauptet Richter Wallbott entgegen der von Prozessbeobachtern überreichten eidesstattlichen Versicherungen6 (Zitat aus dem Beschluss): „Tatsächlich war der Kläger auf Nachfrage überhaupt nicht dazu in der Lage, dem Gericht gegenüber anzugeben, für welche entscheidungserhebliche Tatsache er welches Beweismittel anbietet. Im Übrigen hat der Kläger eine Reihe von kaum nachvollziehbaren Äußerungen getätigt, bezüglich derer keine Protokollierungspflicht besteht. “. Jedoch hat Richter Wallbott nachweislich weder die Rügen, deren Aufnahme ins Protokoll sowohl von Christidis selbst als auch von dessen Beistand beantragt wurde, noch dessen Beweisanträge aufgenommen. Er hat den mehrfach vom Kläger gewünschten Vortrag der Beweisanträge sogar mit der Behauptung, dies sei im Verfahren zu spät, Christidis hätte die Anträge vor der mündlichen Verhandlung einreichen müssen, abgelehnt.
Damit hat Richter Wallbott seinen Beschluss verfälscht und falsche Tatsachen vorgetäuscht. In ungebremstem Machtrausch maßen sich gut vernetzte Beamte (Richter, Staatsanwälte, Jugendamtsmitarbeiter, Geheimdienstleute und von ihnen Beauftragte) an, sowohl die demokratischen Strukturen aufzuweichen als auch die Gesetze zu unterlaufen.
Am 02.04.2014 erging ein Pfändungsbeschluss wegen angeblicher Unterhaltsforderungen durch das Amtsgericht Gießen, gegen Prof. Christidis, ohne dass ihm das bekannt wurde. Der Beschluss wurde direkt an die Bezügestelle beim Regierungspräsidium Kassel, bei dem auch der ehemalige Verfassungsschützer Andreas Temme beschäftigt ist, zugestellt. Dies, obwohl ihn die Justiziarin Sauerwein vom Amtsgericht Gießen in Anwesenheit von Zeugen kritisierte, er hätte sich doch früher kümmern können, denn er müsse doch einen Pfändungsbeschluss erhalten haben. Das war jedoch nicht der Fall. Obwohl Christidis nachweislich einen Dauerauftrag für den Unterhalt von über € 910,03 laufen hatte, wurde ihm praktisch sein gesamtes Gehalt von Mai bis August 2014 gepfändet. Man wollte ihm zwar offiziell einen Pfändungsfreibetrag von € 850,- belassen, dann hätte er aber den Dauerauftrag für den Unterhalt seiner Kinder kündigen müssen und hätte sich dabei womöglich strafbar gemacht. Rechtspflegerin Volk klärte Prof. Christidis darüber auf, dass man ihm einen Bedarf von 1.325,29 € zugestehen müsste7. Hierzu solle Christidis jedoch „weitere Einkünfte“ nachweisen. Sie hat sich nicht die Mühe gemacht, derartige Fragen vor dem von ihr ausgestellten Pfändungsbeschluss zu stellen und auch nicht, ob Christidis Unterhaltsforderungen nachkommt. Die Anwesenheit des ehemaligen Verfassungsschützers Andreas Temme in der Bezügestelle des Regierungspräsidiums Kassel, der vermutlich seinen „Beschützern“ noch zu Dank verpflichtet ist, wird sicher reiner ZUFALL sein.
Richterin Bull vom Amtsgericht Bremen, die einen neuen höheren Unterhaltsbeschluss gefasst hatte, obwohl sie bereits zwei Tage zuvor einen Befangenheitsantrag erhalten hatte, hat sich nicht daran gestört und am selben Tag 6 Beschlüsse gefasst. Später hat sie behauptet, sie habe den Befangenheitsantrag erst vier Wochen später erhalten, obwohl er per Fax und per Post an das Bremer Gericht versendet wurde und dem Beistand von Prof. Christidis auf der Geschäftsstelle den Eingang des Befangenheitsantrags bestätigt wurde.
Aber auch in der nachfolgenden Angelegenheit spielt das Regierungspräsidium Kassel eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Diesmal allerdings eine andere Abteilung und offenkundig gewissenhaft.
Bei den Angaben zur Berechnung des Ruhegehalts nach BeamtVG hatte die Ex-Frau von Christidis das Formular zu den Erziehungszeiten der am 11.06.1997 und am 20.07.1999 geborenen Kinder wie folgt ausgefüllt:
Staatsanwältin Winter, von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt klärte Christis am 18.03.2010 darüber auf, dass dies keinen Widerspruch zu einer gemeinsamen Erziehung darstellte: „Hierbei handelt es sich (…) um die Beschreibung faktischer Zustände, nicht aber um rechtliche Begriffe des Personenstandes.“ Dem widersprach Christidis entschieden und musste schließlich, als geständiger Nicht-Deutscher, von einer ganzen hessischen Hierarchie über die tiefgründige Bedeutung dieser Angaben aufgeklärt werden. Damit beauftragte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main Herrn Staatsanwalt Maruhn von der Staatsanwaltschaft Gießen. In seinem Schreiben vom 02.10.2010 musste er folgende Exegese abgeben8:
„Das betreffende Formular wurde (…) von der Generalstaatsanwaltschaft einer ausdrücklichen Würdigung unterzogen, wenn auch nicht mit dem von Ihnen gewünschten Ergebnis: Die dort getätigten Angaben der Beschuldigten wurde richtigerweise als semantische Einheit begriffen und ausgelegt. Der in den Antwortfeldern enthaltene Text wurde nämlich von der Beschuldigten durch einen darunter stehenden Zusatz mit eindeutigem Hinweis auf die seit 2005 bestehende Trennungssituation ergänzt. Bei unbefangener Lektüre erschließt sich, dass die Beschuldigte gerade nicht erklärt, die Kinder seit ihrer Geburt allein zu erziehen, sondern erst seit 2005.“
Auf schriftliche Anfrage beim Regierungspräsidium Kassel bei der Versorgungsstelle erhielt Christidis jedoch eine völlig gegensätzliche Rechtsauffassung.
„wunschgemäß bestätige ich Ihnen, dass die Mutter Ihrer beiden Kinder Leon und Myron in ihrer Erklärung für die Zuschläge zum Ruhegehalt nach den §§ 50a, 50b und 50d Beamtenversorgungsgesetz vom 8.2.2007 angegeben hat, sie habe die Kinder jeweils von Geburt an bis zum Datum der genannten Erklärung allein erzogen.“9
Christidis schlussfolgerte aus diesen Angaben in einer Petition zur Interpretation der Staatsanwaltschaft: „Solche personellen (aber auch dichterischen) Kapazitäten hatte ich bis dahin kriminellen Vereinigungen zugeordnet, die, neben deutlich hierarchischen Strukturen, ein „Umfeld“ haben, in welchem die Mitgliedschaft mit abnehmendem Einfluß immer diffuser wird, was man z.T. Berichten über den öffentlichen Dienst mancher italienischen Städte entnehmen kann.“
Zahleiche weitere Vorkommnisse könnten zu Christidis vorgetragen werden, aber das würde hier den Rahmen sprengen.
Andrea Jacob
Psychologin MA, EIILM & M. A. Bundelkhand University
Doctor of Philosophy, Bundelkhand University
1 „NSU-Komplex: Bouffier wird zurücktreten“ Aus: Der Freitag – Das Meinungsmedium https://www.freitag.de/autoren/gsfrb/nsu-komplex-bouffier-wird-zuruecktreten
2 Schriftsatz vom 25.11.2013 vom Vertreter der Landesregierung zur Klage von Prof. Christidis ./. Land Hessen
3 Der Einwilligungsvorbehalt ist eine spezielle Anordnung des Betreuungsgerichtes, die zusätzlich zu einer Betreuerbestellung erfolgen kann und die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen einschränkt. Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts setzt voraus, dass der Betreute aufgrund einer psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Quelle: http://www.bundesanzeiger-verlag.de.
5 Beschluss des Landgerichts Gießen vom 28.11.2014