May Claudia

Geschwisterpaar Claudia und Michael May zwischen den Getrieben staatlicher Ideologien von Ost und West

Kindheitsstart: Säuglingsheim

2019-11-19

Claudia May (rechts im Bild) spricht auf einer Veranstaltung vor der Thüringer Landtagswahl. Sie erzählt die dramatische Geschichte von aus ihren Familien herausgerissenen Heimkindern. Passend zum Thema von Andreas Riedels Forderung „Allen Kindern beide Eltern !“ Foto: Heiderose Manthey.



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Erfurt/Keltern. Das Leben des Erfurter Geschwisterpaares Claudia May (geb. 1949) und Michael May (geb. 1953) begann im staatlichen DDR-/SED-Säuglings- und Kinderheim. Es gleicht einer dramatischen, von Schicksalschlägen gespickten Schilderung einer Familie im zweiten Weltkrieg zwischen den befeindeten Fronten der östlichen und westlichen Weltanschauung, in der wie heute Familienzerstörung als Zwangsmaßnahme politisches Kalkül ist !

Claudia May erzählt die Geschichte des schicksalgebeutelten Geschwisterpaares:

Krieg – Vertreibung – Flucht

Claudia May. Foto: Heiderose Manthey.

„Die Eltern – Marga Henriette May (geb. 1923) und Hermann May (geb. 1912) – hatten das NS-Deutschland, den II. Weltkrieg, die Mutter mit den Großeltern die Vertreibung/Flucht aus den ehemaligen Ostgebieten und der Vater den Kessel von Stalingrad überstanden und fanden in Erfurt nach 1945 ihre „neue“ Heimat.

Verhinderung der Deportation des Großvaters

Die Verfolgung der Familie May begann, als die Russen, die sowjetische Besatzungsarmee den Großvater Henri Kaltenstein, Oberingenieur im Flugzeugbau, in den Jahren 1947/1948 suchte, um ihn nach Russland zu deportieren.

Der Schwiegersohn und Vater Hermann May verhinderte die Deportation und verhalf den Großeltern zur Flucht in den amerikanischen Sektor, des von den Siegermächten aufgeteilten Deutschlands.

Zwangsenteignung: Obdachlos, arbeitslos, schutzlos

Die Vergeltung des SBZ-Regimes folgte – umgehend im Jahr 1948 – durch Zwangsenteignung des gesamten Wohnungseigentums in der Erfurter Max-Liebermann-Straße. Die junge Familie May, die den Krieg, Flucht und Vertreibung überstanden hatte, war von einer Sekunde auf die andere durch die SBZ-Zwangsenteignung obdachlos, arbeitslos und schutzlos dem SBZ- und folgend DDR-Regime ausgeliefert.

Mays Vater ist einer der Erstbegründer der CDU

Denn am 7. Okt. 1949 übergab das SBZ-Regime die Macht an den neugegründeten Teil Deutschlands, das DDR-Regime. Vater Hermann als einer der Erstbegründer der CDU in Thüringen wurde so ungewollt zum Gegner und Widerständler gegen das „neue“ System.

Staatliche Manipulation: Raub des Kindes Claudia May mit der Geburt

Tochter Claudia wurde am 18. Okt. 1949 geboren. Den SBZ-/DDR-verfolgten Eltern wurde das Kind Claudia mit Geburt weggenommen, um es in staatlicher Obhut aufzuziehen. Das gleiche Schicksal ereilte Bruder Michael am 24. Apr. 1953.

Rückführung von Claudia nach 4 Jahren, ihres Bruders Michael nach 5 Jahren

Den Eltern gelang es erst ein Zimmer, dann zwei Zimmer in einem Teil-Mietverhältnis mit der staatlichen Wohnraumlenkung zu erhalten. Es war der Beginn der Rückführung der Kinder Claudia (nach ca. 4 Jahren) und Michael (nach über 5 Jahren) aus der staatlichen Obhut in die elterliche Fürsorge.

Verhaftung des Vaters

Das Familienglück währte gerade mal zwei bis drei Jahre, dann wurde der Vater als widerständiges CDU-Mitglied verhaftet (1961) und zu 15 Jahren Freiheitsentzug aus polit. Gründen verurteilt. Neun Monate U-Haft in Erfurt, Haftanstalten Brandenburg und Hohenschönhausen folgten.

Tagelange Verhöre der schwerkranken Mutter – Sippenhaft – Zerstörung der familiären Bindungen

Begleitet wurden diese politischen Strafmaßnahmen gegen den Familienvater durch tagelange Verhöre der schwerkranken Mutter, die man deshalb nicht mehr verurteilen konnte. Als die Mutter nicht mehr vernehmungsfähig war, holte sich das DDR-/MfS-System das Kind Claudia, um in Sippenhaftung die familiären Bindungen endgültig zu zerstören.

Claudia May widerstandsfähig und unzerbrechlich

Claudia widerstand. Der Plan des DDR-/MfS-Regimes das Kind Claudia zur sozialistischen Persönlichkeit umzuerziehen misslang.

Alle Subventionen gestrichen – Dauerandrohung Familientrennung

Das MfS-Regime scheiterte in den Vernehmungen sowohl mit seinen Drohungen, gewaltsamer Trennung von der schwerkranken Mutter und dem jüngeren Bruder als auch den Avancen, der guten Schülerin Claudia eine „neue“ Familie mit Aussicht auf Studium und Berufskarriere verpassen zu wollen. Die Folgen für die Rest-Familie waren dramatisch. Ohne jegliche staatliche Hilfe und Unterstützung, selbst das staatliche Kindergeld wurde verweigert, ohne Unterhalt des Vaters, herrschte die blanke Not, der tagtägliche Hunger und die Angst wieder zwangsweise im staatlichen Heim zu landen.

Freikauf des Vaters

Der Freikauf (1965) – ohne die Familienangehörigen und gegen den Willen des Vaters, der zurück zu seiner Familie nach Erfurt wollte und dem man erklärte, dass ihn seine Familie bereits im Westen erwarte – besiegelten endgültig jegliche Hoffnung auf ein normales Familienleben und menschenwürdiges Dasein.

Der Vater war ein Toter

Die Kinder sahen ihren Vater das letzte Mal am 28. März 1961. Sie durften den Namen des Vaters, des DDR-/MfS-Staatsfeindes bei Strafe nicht mehr erwähnen. Er war von diesem Tag an ein Toter. 

Mutige Menschen halfen

Das Überleben im DDR-/MfS-Staat gelang nur mit Hilfe und Unterstützung von mutigen und christlich eingestellten Menschen.

Schulbildung nicht erlaubt

Eine schulische und berufliche Entwicklung im ersten Arbeiter-Bauern-Staat auf deutschem Boden war ausgeschlossen. Es verblieben nach dem Entfernen aus dem staatlichen Schulsystem und Verweigerung des weiteren Schulbesuchs und auch Berufsausbildung nur Hilfsarbeiten.

Gebrandmarkt

Die Abkömmlinge des verurteilten SBZ-/DDR-Systemfeindes waren und sind lebenslänglich in Sippenhaftung mitgefangen und generationsübergreifend durch die Verfolgung ihrer Eltern und Großeltern gebrandmarkt.

Wende erweist sich als Potenzierung des Albtraums

Die sogenannte Wende 1989/1990, die so sehnlichst erwartete Freiheit und Gerechtigkeit ist zu einem Albtraum der Potenzierung des SBZ-/DDR-Unrechts mutiert.

Geschichte wiederholt sich

Die Familiengeschichte, die mit der Zwangsenteignung der Eltern und Großeltern 1948 in Erfurt, die Zwangswegnahme der Kinder Claudia und Michael verursachte, wiederholte sich am 17. Juni 2015 mitten im Erfurter Regierungsviertel auf grausame und nicht vorstellbare Weise.

Claudia und Michael May werden am 17. Juni 2015 mit Polizeigewalt in die Obdachlosigkeit getrieben

Die Überlebenden des SBZ-/DDR-Regimes, das Erfurter Geschwisterpaar Claudia und Michael May als anerkannte SED-Opfer und SED-Vermögensgeschädigte wurden am öffentlichen Gedenktag der Opfer des SED-Unrechtsstaates – wie 1948 ihre Eltern und Großeltern – von den Vertretern des wiedervereinten „Bodensatz Ost mit Abschaum West“ mit Polizeigewalt auf – persönliche – Anordnung des Oberbürgermeisters Andreas Bausewein in die Obdachlosigkeit unter Konfiszierung ihres gesamten Hab und Gutes getrieben.

Hilfe verweigert

Zeitgleich huldigten am 17. Juni 2015 der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Erfurt Andreas Bausewein und der Ministerpräsident des Freistaat Thüringen Bodo Ramelow in der Erfurter Gedenkstätte Andreasstraße der Opfer des SED-Regimes. Ramelow vor laufender Kamera von Erfurter Bürgern auf die Gewaltaktion gegen die Erfurter Geschwister May aufmerksam gemacht und zum Eingreifen aufgefordert, verweigerte sich jeglicher Hilfe und das bis gegenwärtig andauernd.

Bodo Ramelow will Schutz und die Fürsorge gegenüber den SED-Verfolgten zu seiner Chefsache machen

Bodo Ramelow hat mit Regierungsübernahme am 5. Dezember 2014 im Thüringer Landtag erklärt, dass er den Schutz und die Fürsorge gegenüber den SED-Verfolgten zu seiner Chefsache erhebt. Der Koalitionsvertrag, der vom SPD-Oberbürgermeister Andreas Bausewein mit unterzeichnet ist, vereinbart unter Punkt 3.4 die Aufarbeitung und Wiedergutmachung des Unrechts an den Opfern des DDR-Unrechtsstaates.

NS-Progrome an unliebsamen Bürgern über Generationen hinweg anhaltend ?

Die tatsächliche Aufarbeitung und Wiedergutmachung der Verantwortlichen und Zuständigen ist mit dem 17. Juni 2015, der „hoheitlich angeordneten Gewalt“ des Oberbürgermeisters Andreas Bausewein gegen die SED-Opfer und SED-Vermögensgeschädigten „Erfurter Geschwister May“ – nur vergleichbar mit den NS-Progromen an unliebsamen Bürgern – und das am öffentlichen Gedenktag auf beeindruckende und geradezu abschreckende Weise erklärt worden.“