Reaktionen auf den Genderwahn

„Hallo, kleine Pinguine“

2014-12-15

von Prof. Walter Hollstein

Basel. Im amerikanischen Nebraska ist man unlängst auf die Idee verfallen, die Schulkinder nicht mehr länger als Buben und Mädchen anzusprechen. Sie werden hinfort als nette Hasen, liebe Katzen, quirlige Goldfische oder eben kleine Pinguine angeredet.

ARCHE-Foto Keltern-Weiler Basel Was vom Manne übrig blieb Prof. Dr. Walter Hollstein_01

Kinder sind keine Pinguine. Sie sind Menschen und haben Geschlecht !

Hintergrund ist die nicht gerade neue Erkenntniss, dass es neben Frauen und Männern auch solche Menschen gibt, die sich weder als das eine noch als das andere fühlen.

Sogenannte Transsexuelle. Zwar bewegt sich deren Anzahl in einem verschwindend geringen Promille-Bereich; aber in unseren Zeiten „politischer Korrektheit“ darf man sich auch gegenüber noch so winzigen Minderheiten keinen Fehltritt erlauben. Lieber behandelt man die übergrosse Mehrheit als Idioten. Denn so fühlen sich Buben und Mädchen in Nebraska, wenn sie mit Tiernamen angesprochen werden. Das berichten  protestierende Eltern. Es hätte ja vielleicht auch den vernünftigeren Weg gegeben, im Unterricht  zu verdeutlichen, dass wir heute im Gegensatz zu früheren Zeiten in einer Gesellschaft freierer Sexualität leben. Doch Vernunft – in der Gender-Debatte – ist nicht erwünscht.

Was in Nebraska eine Art Pionierprojekt ist, hat in Schweden auf etwas andere Art bereits allgemeine Verbindlichkeit. Ob Junge oder Mädchen – alle werden inzwischen als „hen“ angesprochen. Das ist nun eigentlich gar nicht schwedisch, sondern es ist ein Kunstwort. Jedenfalls ist der Zweck erreicht, dass es keine Mädchen und keine Jungen mehr gibt, selbstredend auch keine Frauen und Männer, sondern nur noch Menschen – geschlechtsneutral versteht sich. Zu dieser Politik gehört, dass in Vorschulen die „Hens“ nur noch unter Aufsicht spielen dürfen; zu gross sei die Gefahr, dass die Kinder in „stereotypisierte Geschlechtsrollen“ zurückfallen könnten. So wurde den Buben verboten, mit Spielzeug zu spielen, das sie als „männlich“ verstehen  – Autos zum Beispiel.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Schweden – bisheriger Spitzenreiter bei Pisa-Studien – geradezu dramatisch abgefallen ist. Vor allem die Buben. Verweigerungshaltung? Nicht ganz unerheblich mag auch sein, dass Schweden weltweit das Land ist, in welchem die meisten Ehen mit Thai-Frauen geschlossen werden. Reaktion auf eine Form von Genderwahn?

Eigentlich müssten wir es inzwischen besser wissen. 1965 wurden im kanadischen Winnipeg eineiige Zwillinge geboren – beide mit einer Vorhautverengung. Bei der notwendigen Operation wurde der Penis des einen Buben – Bruce – so stark verletzt, dass ein Experte zur Amputation riet. Das war John Money – damals hoch im Kurs. Er empfahl, den Jungen nun als Mädchen zu erziehen. Mit der Gabe der nötigen Hormone sei das absolut kein Problem. Der Junge würde zum Mädchen und sich dementsprechend fühlen. Die theoretische Gebrauchsanweisung war, dass die Natur bei der Herausbildung der Geschlechtsidentität sowieso keine Rolle spiele – einzig die Erziehung.

Alice Schwarzer – bekannt dafür, komplexe Sachverhalte ja schon immer auf den simpelsten aller Nenner zu bringen – war begeistert und feierte Money jahrelang als Pionier der Geschlechterforschung. Bruce war es weniger. Trotz Hormonen, Mädchenkleidern etc. wehrte er sich. Er wollte lieber mit Jungen spielen, Jungenkleider tragen und eben ein Junge sein. Offenbar ist die Natur doch nicht so irrelevant. Das Ganze endete tragisch. Bruce kam mit den  ganzen Veränderungen und Widersprüchen nicht klar und brachte sich um. Der amerikanische Journalist John Colapinto hat sein Schicksal nachgezeichnet („Der Junge, der als Mädchen aufwuchs“).

Es ist wohl einfach gefährlich, Rollenbilder am Schreibtisch aufzulösen –  nur weil es einer bestimmten Ideologie entspricht. Eigentlich müsste es ja so schwierig auch nicht sein: Mädchen sind Mädchen; Buben sind Buben. Und eben keine Pinguine.

Walter Hollstein, em. Prof. für politische Soziologie; letzte Buchpublikation: Was vom Manne übrig blieb (2012)

Der Artikel erschien zuerst in Basler Zeitung 5.12.2014