Weiterer Psychiatrisierungsversuch aufgedeckt

Dennis Stephan, Gustl Mollath und weitere “Fälle”

Gießen.  Der Linke-Politiker Dennis Stephan gibt dem Landgericht Gießen zu Weihnachten schwerwiegende Fragen nach der Menschenwürde offenkundig auf. Seit dem 25. Oktober steht der Linke-Politiker Dennis Stephan vor dem Gericht unter dem Tatvorwurf einer „schweren Brandstiftung“. Es war geringer Sachschaden vor allem durch Rauch entstanden. In einem voll gekachelten Badezimmer wurde auch vor Gericht von verschiedenen Experten nur ein „kleiner Schwelbrand“ beschrieben. 

Dennis Stephan erneut vor dem Landgericht. Anklage lautet “schwere Brandstiftung” in einem voll gekachelten Badezimmer !! Foto: Heiderose Manthey

Dennis Stephan erneut vor dem Landgericht. Anklage lautet “schwere Brandstiftung” in einem voll gekachelten Badezimmer !!
Foto: Heiderose Manthey

Zur Sache selbst war von Herrn Dennis Stephan nichts zu hören bisher – von den Zeugen fast nur Hörensagen. Jedoch wurde an erstaunlich vielen Prozesstagen anlässlich einer doch eher unspektakulären Sache, nun seit langen dessen Gesundheitszustand offenkundig verhandelt. Herr Stephan war in der Forensik Haina über Monate eingesperrt und als „wahnhaft“ beschrieben worden.

Vor dem Gericht zeigt der junge Politiker und Wissenschaftler jedoch erstaunliche Fähigkeiten und Dialoge auch mit der vorsitzenden Richterin und der Kammerbesetzung. Warum die Kammer sich in derart fast klassischen akademischen Austausch, mit einem als “schuldunfähig”, “verwirrten”, “vorsätzlichen” “Brandstifter” beschuldigten Politiker befindet – bleibt unnachvollziehbar.

Herr Stephan warf nun mehr dem Gericht selbst die Befangenheit vor. Es gab ein wenig Aufregung im Zuschauerraum und Hinweise des Gerichtes an den Zuschauerraum, als die Vorsitzende einen Vorwurf dementierte, diese habe bestimmte Aussagen zu den Beratungsgesprächen der Kammer gemacht. Ein weiterer Richter solle bei Beratungen und Entscheidungen unsichtbar mitgewirkt haben und dies sei als unstatthaft in der einen oder anderen Form aufgefasst worden.

Die Kammer wies diese Behauptung zurück. Im Zuschauerraum gab es darauf Zwischenrufe, dass diese Auskunft am letzten Verhandlungstage von der Vorsitzenden selbst jedoch erfolgte. Misstrauen an die Justiz kam in verschiedenen Bereichen nun auf. Selbst die Aussagen der Vorsitzenden jedoch, die sprachlich unter Umständen den Angeklagten als bereits verurteilt aufzufassen scheinbar beschrieb, lösten Unbehagen aus in der Beobachterszene. Einwände, die Herr Stephan in verschiedenen Formen dem Gericht vortrug, “könne dieser in der Revision vortragen”.

Das jedoch ist die vorausschauende Sprache der Anwälte – stünde dem Verteidiger oder auch dem Staatsanwalt bestenfalls noch zu – jedoch nicht einem neutralen Gericht. Wie auch immer diese Bemerkung der Vorsitzenden nun gemeint war, es bedarf der Nachvollziehbarkeit gerade bei derartigen schweren Maßnahmen und Eingriffe in Freiheit, auch für die Öffentlichkeit und nicht nur für den Beschuldigten.

Am letzten Verhandlungstage war Herr Stephan angeblich nicht prozessfähig. Die in der Klinik Haina ausgelassenen nötigen Behandlungen einer Unfallfolge wurden nachgeholt. Der Politiker sei von einem anderen Politiker mit dem Auto überfahren worden. Eine Wunde wurde als nicht ausreichende Entschuldigung für die Abwesenheit des Beschuldigten aufgefasst und es gab einen erneuten Medizinstreit.

Diplom Sozialpädagoge Klaus-Uwe Kirchhoff – Bildmitte (Dritter von rechts) auf dem Arche-Kongress 2013 bei MENSCHEN BEI MANTHEY – Heiderose im Gespräch mit Gästen über SELBSTBESTIMMUNGSRECHT UND PRESSEFREIHEIT

Diplom Sozialpädagoge Klaus-Uwe Kirchhoff – Bildmitte (Dritter von rechts) auf dem ARCHE-KONGRESS 2013 bei MENSCHEN BEI MANTHEY – Heiderose im Gespräch mit Gästen über SELBSTBESTIMMUNGSRECHT UND PRESSEFREIHEIT Foto: daa

 

Ärzten seien seitens der Justiz Vorgaben gemacht worden, wie diese zu arbeiten und zu bescheinigen hätten. Dies wurde seitens der Vorsitzenden zurückgewiesen. Das aufgekommene Misstrauen zu der Beitragskraft der Medizin in einem nicht nachvollziehbaren Verfahren ist aber nicht ganz unbegründet, Ein Gutachter der zunächst erhebliche Beschwernisse und Zuschreibungen dem Beschuldigten aufgab, wurde entpflichtet aufgrund nicht nachvollziehbarer und angemessener Vorgehensweisen.

Seither wird Herr Stephan nicht mehr in Handschellen der Justiz und der Öffentlichkeit vorgeführt und befindet sich auf „freien Fuß“. Hier nimmt offenkundig die Justiz, die Medizin und das Vertrauen der Öffentlichkeit in unsere Institutionen derzeit Schaden und nicht nur der Angeklagte, der jedoch erhebliche Belastungen und Entwürdigungen nach seinen eigenen Beschreibungen hinnehmen musste.

Ist die Verhältnismäßigkeit noch da? Ist dies eine Prävention oder Vorverurteilung? Alles Fragen, die bereits zu hören waren und manche in scharfer kritischer Detailhinterfragung, insbesondere auch unter Beteiligung zahlreicher Fachleute auf der Verteidigungsbank und derer Hintergrund. Es tobt scheinbar ein Fachdissens im Hintergrund, ausgetragen über die Person des Linke-Politiker Stephan. Es wird der Presse schwer fallen – hier korrekt und neutral alles berichten zu können, denn offenkundig sind Unklarheiten selbst bei den Experten vorhanden und man streitet sich um Wortbedeutungen und Form.

Einen Tag vor „Heilig Abend“ setzt sicher der Weihnachtsfriede in der einen oder anderen Form ein, denn am 23.12.2013 wird weiter um das Schicksal des Herrn Stephan verhandelt werden. Die Würde des Menschen sei unantastbar, jedoch ist diese auch manchmal unfassbar. Kehrt die Medizin nun zur derer Aufgabe der Heilung und Linderung zurück oder warum war kein Gutachter in Urteilsfindungsfragen nun an diesem Verhandlungstag eingebunden, ist doch nun die vorsätzliche „spitze“ Frage, die sich einige Beobachter stellten. Gibt es da Missverständnisse? Die Möglichkeit des abweichenden Verhaltens ist nämlich die Frage der Freiheit in den sozialen Feldern.

Diplom Sozialpädagoge Klaus-Uwe Kirchhoff
Autor von Sozialenergie
Foto ARCHE-KONGRESS 2013