Nach Männerkongress in Düsseldorf und GAG in Gießen weiterer Vorstoß gegen Verbrechen an Kindern
2014-09-22
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Mainz. Dass es sich in Wirklichkeit um Menschenrechtsverbrechen handelt, die täglich 400fach in Deutschland begangen werden, davon sprach niemand. Aber einig waren sich alle Referenten: Das Paritätische Wechselmodell muss her ! Wissenschaft und Forschung sind nicht stehen geblieben und die Scheidungsfolgen für die Kinder, besonders die der von einem Elternteil entfremdeten, rücken immer mehr in den Blickpunkt der Gesellschaft.
Elmar Riedel, 2. Vorsitzender des VAfK Mainz e.V., hatte gemeinsam mit ZIF, Zentrum für Interdisziplinäre Forensik, im Philosophikum der Johannes Gutenberg Universität in Mainz zu der Fachtagung „Paritätische Doppelresidenz (Wechselmodell)“ aufgerufen. Unter dem Titel „Kinder im Fokus von Trennung und Scheidung“ fand vor ca. 200 Zuhörern eine Fachtagung für Vertreter der mit Trennung und Scheidung befassten Professionen statt. Richter, Rechtsanwälte, Mitarbeiter von Jugendämtern und Beratungsstellen, Ärzte, Psychologen u.a. waren eingeladen.
Nach den Offensiven aus der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf um Prof. Dr. Matthias Franz (Männerkongress 2012 mit dem Titel ‚Scheiden tut weh – Elterliche Trennung aus Sicht der Väter und Kinder‚) und den Symposien der Gießener Akademischen Gesellschaft ‚Die Richter und ihre Denker – Strukturen in der Justiz und im Gutachterwesen‚ um Prof. Dr. Aris Christidis, schart sich nun eine dritte Universität in die Reihe der Aufklärer ein, die sich mit der seelischen und körperlichen Entwicklung der Kinder in Trennungs- und Scheidungssituationen befassen. Endlich ! Die Johannes Gutenberg-Universität mit ihrem ZIF Zentrum für interdisziplinäre Forensik tritt in starker Besetzung auf.
Recht der Kinder auf beide Eltern
„Es muss umgesetzt werden. Es ist doch schon alles da. Kinder haben das Recht durch ihre Eltern erzogen zu werden !“, postuliert Prof. Dr. iur. Hildegund Sünderhauf. Familienrichter a.D. Jürgen Rudolph, der in seinem vorausgegangenen richterlichen Tätigkeitsfeld bereits konkrete Umsetzung anstelle fortgesetzter und folgenloser Diskussionen vorgenommen hatte, forderte zusätzlich, dass die Parlamente, Bundestag, Fraktionen und auch die Länder mit dem Wissen und der Technik versorgt werden müssten, um die Strukturen zu schaffen, damit Kinder endlich nach Trennung und Scheidung ungestört und unbehelligt bei beiden Elternteilen leben und gedeihen dürfen. Sünderhauf, Professorin für Familienrecht und Kinder- und Jugendhilferecht an der Ev. Hochschule Nürnberg, hatte vergangenen Jahres ein umfassendes Werk zum Thema „Wechselmodell“ herausgegeben und fühlt sich auf ihrem Gebiet sicher. Sie holt noch weiter aus:
Deutschland: Beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich
Gemäß Art. 18 Abs. 1 der UN-Kinderrechts-Konvention verpflichtete sich Deutschland zu folgender Leistung: „Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, dass beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind.“ Somit seien alle Voraussetzungen geschaffen, Kindern beide Elternteile zu erhalten.
Verfassungswidrige Gesetzeslage
Zu Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes – (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht – meinte Sünderhauf allerdings: „Die Gesetzeslage ist verfassungswidrig, da sie erstens nicht dem Kindeswohl am besten entsprechende Betreuungsregelung zulässt und zweitens den Zugang zu Recht und Pflicht eines Elternteils faktisch von der Zustimmung des anderen Elternteils abhängig macht“, so Rixe (2013) und Sünderhauf & Rixe (2014).
Forderung nach Streitabbau zur Entlastung der Kinder und Schaffung eines Forums für die Nach-Trennungs-Familie
Uwe Jopt, ehemaliger Leiter der Abteilung „Psychologie der Bildung und Erziehung“ an der Universität Bielefeld, griff bei seinem lösenden Denkansatz hoch in den Norden Europas. „Von Skandinavien könnten wir lernen !“ Es sei ein großer Fehler, dass Kinder in zivilrechtliche Verfahren verwickelt werden würden. Es müsse ein Forum geschaffen werden, das sich um die Zukunftssicherung der Kinder in der Nach-Trennungs-Familie kümmere. Der Leiter des „Instituts für Lösungsorientierte Arbeit im Familienrecht“ plädierte schlussendlich dafür, dass Familiensachen vollkommen raus aus der Justiz sollten. Und ganz pragmatisch forderte er: Streitabbau.
Einführung der Doppelresidenzpflicht muss gesetzlich geregelt werden
Jopt führte bei eventuellen Blockierungen gegen einen Elternteil nach vorausgegangener Instrumentalisieurng der Kinder die Autorität des Gerichtes ins Feld. Aber gerade dort werden nach lanjährigem Wissen von ARCHE (siehe exemplarisch dazu den Engl-Prozess vor dem Kaiserslauterner Landgericht) die fatalen Fehlentscheidungen getroffen. Rudolph bestätigte: „Das ist etwas, was in der deutschen Rechtspraxis fremd ist. Wenn ich die Doppelresidenz anführe, werde ich mit Gegenargumenten überschüttet. Die Einführung der Doppelresidenzpflicht muss gesetzlich geregelt werden.“
Gezielter Abbau von Stressoren
Durch eine derartige Regelung würden gravierende Stressoren wie das Ertragen-Müssen von Konflikten und Streit zwischen den Eltern, der Verlust eines Elternteils, die Überbelastung eines Elternteils und sozio-ökonomische Probleme wegfallen, meint Sünderhauf. Dieser Meinung schloss sich die Vorsitzende des „Verbandes berufstätiger Mütter“, Cornelia Spachtholz, an. Sie fordert ein Lebensmodell für alle Beteiligten, auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen. Zu diesem Modell passe die Paritätische Doppelresidenz.
Franz und Sünderhauff: Die Heimat der Kinder sind die beiden Eltern
Mit ihrem Plädoyer für dieses Modell holt Sünderhauf Prof. Dr. Matthias Franz ins Boot, der Untersuchungen bei Vertriebenen vorgenommen hatte. „Die Heimat eines Kindes sind beide Eltern!“, unterstreicht sie ihre Thesen. Prof. Dr. phil. Inge Seiffge-Krenke weitet die natürliche Umsorgung von Kleinstkindern aus und deutet auf afrikanische Bräuche hin, wo ein Kind von bis zu acht Müttern gestillt und umsorgt wird. Eine Vorstellung, die bei uns in europäischen Ländern inakzeptabel zu sein scheint. Eher sind wir in Deutschland dazu bereit uns damit abzufinden, dass Kinder ihrer Eltern mehr und mehr beraubt werden.
Seiffge-Krenke betont ebenfalls, dass Kinder beide Eltern brauchen. Kinder seien kein Besitz und man dürfe sie weder nutzen noch benutzen und schon gar nicht missbrauchen. Die neuesten Ergebnisse aus Bindungsforschung und Bindungserhalt sprächen für ein Modell, an dem beide Eltern gleichen Anteil haben können. Was also in Afrika natürlich ist, muss bei uns Europäern erst wieder durch die Wissenschaft in den Kopf und von dortaus ins Herz dringen. Sind wir denn alle abgeschnitten von unseren natürlichen Empfindungen für Herzensbindungen ?
Eine dicke Wand zwischen der Welt der Wissenschaften und der Welt des Rechts
Angela Hoffmeyer, Generalsekretärin der ICSP „International Council on Shared Parenting„, einer am 22. Februar diesen Jahres in Bonn aus 26 Fachleuten aus 11 Ländern – darunter USA und Kanada – gegründeten internationalen Organisation, berichtete, dass es sich diese Einrichtung zur Aufgabe gemacht habe, Forschung und Rechtspraxis zur Realisierung von Elternschaft auf Augenhöhe auch nach der Trennung weiter zu entwickeln. Als Aktivistin des Väteraufbruchs kennt Hoffmeyer genügend konkrete Fälle von Kindesmissbrauch und setzt ihr Wissen in lebenspraktische Denk- und Handlungsansätze um. Um der Tatsache des Rechtsbruchs von Kindern auf ihre beiden Eltern Ausdruck zu verleihen, zitierte sie als Rahmenbedingungen für Kinder Dr. med. Vittorio Vezzetti, Kinderarzt und Buchautor ‚Nel Nome dei Figli‘: „Es existiert eine dicke Wand zwischen der Welt der Wissenschaften und der Welt des Rechts.“
„Ein riesiges Problem in unserer Gesellschaft stellt die Perversion der Ehe- und Trennungsereignisse vor Gericht durch einen Elternteil dar.“
Mit diesen Worten traf Prof. Dr. Christine Eberl-Borges schon zu Beginn der Tagung ins Schwarze. Sie sprach von Ex-Partner-Stalking* und nannte die Machenschaften von Elternteilen vor Gericht beim Namen. Dass Kinder unter einer solch gängigen Gerichtspraxis leiden, ergibt sich von selbst. Abhilfe müsse geschaffen werden und um diese rangen alle Referenten an der Gutenberg-Universität. „Kannst du nicht machen, dass meine Eltern wieder zusammengehen‘?“, fragte ein Kind Uwe Jopt. Dessen logisch klare Antwort war: „Nein.“ Psychologisch zurück blieb Beklommenheit und Hilfslosigkeit, das Wissen um den Verlust von kindlicher Identität, zumindest eines guten Stücks.
Schadensbegrenzung durch Konfliktminimierung
Das Wechselmodell, so es denn flächendeckend eingeführt werden würde, verhindere, dass es zu Beziehungsabbrüchen komme. Die Instrumentalisierung des Kindes werde dadurch stark eingeschränkt und es erfolge eine Schadensbegrenzung durch Konfliktminimierung. Elternstreit wirke auf das Kind bedrohlich. Das Verlassenwerden ist schlichtweg DER Supergau. Hilfreich wäre ein lösungsorientiertes Gutachten, so Jopt.
Sünderhauff ergänzt hinsichtlich seelischer Gesundheit für Kinder: „Je mehr Zeit Kinder mit beiden Eltern verbringen, desto besser sind ihre psychischen Anpassungswerte (Untersuchung von Laumann-Billings & Emery aus dem Jahr 2000).“ Die gemeinsam erlebte Zeit und Interaktion führt zur emotionalen Bindung.
Und genau das ist es, was die Kinder brauchen: Emotionale Verlässlichkeit und Nähe zu beiden Elternteilen, um in sich selbst stabil und gleichmäßig groß werden zu können.
Bildstrecke
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*Ex-Partner-Stalking wird durch die Instrumentalisierung der Kinder und gerade auch durch die Instrumentalisierung der Gerichte von dem zumeist aggressiveren und skrupelloseren Elternteil zur Genüge betrieben, also des Elternteis, der „in Besitz“ der Kinder ist.