Europäisches Parlament: ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Deutschen Jugendämtern

Cecilia Wikström im Namen des Petitionsausschusses zu der Rolle des deutschen Jugendamts in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten

ARCHE war bei den Vorträgen der Petenten vor Ort !

2018-11-29

Cecilia Wikström im Pettitionsausschuss des Europäischen Parlaments.  Foto: Heiderose Manthey.

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Brüssel. Hier die  wörtliche Formulierung des Entschließungsantrages aus dem Europäischen Parlament.

Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : B8-0546/2018

Eingereichte Texte :

B8-0546/2018

Aussprachen :

Abstimmungen :

OJ 29/11/2018 – 27

Angenommene Texte :

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
PDF 192k WORD 54k
14.11.2018
PE631.530v01-00
B8-0546/2018
eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission

gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

zu der Rolle des deutschen Jugendamts in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten (2018/2856(RSP))

Cecilia Wikström im Namen des Petitionsausschusses

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Rolle des deutschen Jugendamts in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten (2018/2856(RSP))
B8-0546/2018
Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 227 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  gestützt auf Artikel 81 Absatz 3 AEUV,

–  gestützt auf Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere Artikel 24,

–  unter Hinweis auf Artikel 8 und Artikel 20 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, in denen die Verpflichtung der Staaten hervorgehoben wird, die Identität des Kindes, einschließlich seiner Familienbeziehungen, zu schützen;

–  unter Hinweis auf das Wiener Übereinkommen von 1963 über konsularische Beziehungen, insbesondere Artikel 37 Buchstabe b,

–  unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel IIa)(1), insbesondere die Artikel 8, 10, 15, 16, 21, 41, 55 und 57,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates(2),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Februar 2011 mit dem Titel „Eine EU-Agenda für die Rechte des Kindes“ (COM(2011)0060),

–  unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), insbesondere auf seine Urteile vom 22. Dezember 2010 in der Rechtssache C-497/10 PPU, Mercredi/ Chaffe(3), sowie vom 2. April 2009 in der Rechtssache C-523/07, Verfahren auf Antrag von A.(4),

–  unter Hinweis auf die der Erfassung der Kinderschutzsysteme durch die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte,

–  unter Hinweis auf die sehr hohe Zahl der eingegangenen Petitionen zu der Rolle des deutschen Jugendamts in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten,

–  unter Hinweis auf die Empfehlungen im Bericht über die Informationsreise nach Deutschland (23.-24. November 2011) zur Prüfung von Petitionen zu der Rolle des deutschen Jugendamts,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2016 zum Schutz des Kindeswohls in der EU auf der Grundlage der an das Europäische Parlament übermittelten Petitionen(5),

–  unter Hinweis auf die Empfehlungen der Arbeitsgruppe des Petitionsausschusses zum Wohlergehen von Kindern vom 3. Mai 2017,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass seit über 10 Jahren beim Petitionsausschuss zahlreiche Petitionen eingegangen sind, in denen eine sehr große Zahl nichtdeutscher Elternteile systematische Diskriminierung und willkürliche Maßnahmen des deutschen Jugendamtes gegen sie beklagen in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, und die unter anderem Fragen der elterlichen Verantwortung und des Sorgerechts für Kinder betreffen;

B.  in der Erwägung, dass das Jugendamt im deutschen Familienrecht eine zentrale Rolle spielt, da es bei allen Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, eine der Parteien ist;

C.  in der Erwägung, dass das Jugendamt bei Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, eine Empfehlung an die Richter abgibt, die praktisch verbindlich ist, und vorübergehende Maßnahmen wie die Beistandschaft ergreifen kann, die nicht angefochten werden können;

D.  in der Erwägung, dass es die Aufgabe des Jugendamts ist, dafür zu sorgen, dass die Entscheidungen der deutschen Gerichte umgesetzt werden; in der Erwägung, dass die weite Auslegung dieser Entscheidungen durch das Jugendamt dem wirksamen Schutz der Rechte nichtdeutscher Eltern oft abträglich war;

E.  in der Erwägung, dass die Tatsache, dass die zuständigen deutschen Behörden Entscheidungen und Urteile der Justizbehörden anderer EU-Mitgliedstaaten in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, nicht anerkennen oder nicht durchsetzen, einen Verstoß gegen den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten darstellen kann, wodurch die wirksame Sicherung des Kindeswohls gefährdet werden könnte;

F.  in der Erwägung, dass die Petenten die Tatsache beklagten, dass bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten der Schutz des Kindeswohls von den zuständigen deutschen Behörden systematisch so ausgelegt wird, dass sichergestellt werden muss, dass die Kinder im deutschen Hoheitsgebiet verbleiben, auch wenn Missbrauch und häusliche Gewalt gegen den nichtdeutschen Elternteil gemeldet wurden;

G.  in der Erwägung, dass nichtdeutsche Eltern in ihren Petitionen die unzureichende Beratung und rechtliche Unterstützung oder das Fehlen einer solchen durch die nationalen Behörden ihres Herkunftslandes in Fällen anprangerten, in denen die deutschen Behörden, auch das Jugendamt, diskriminierende oder nachteilige Gerichts- und Verwaltungsverfahren gegen sie eingeleitet hatten, wenn es um Familienstreitigkeiten ging, an denen Kinder beteiligt waren;

H.  in der Erwägung, dass alle EU-Organe und alle Mitgliedstaaten den Schutz der in der Charta der Grundrechte der EU verankerten Rechte des Kindes uneingeschränkt gewährleisten müssen; in der Erwägung, dass das Kindeswohl, das primär und am besten in der eigenen Familie gewahrt werden kann, ein Grundprinzip ist, das bei allen Entscheidungen im Zusammenhang mit Fragen der Kinderbetreuung auf allen Ebenen als Richtschnur zu beachten ist;

I.  in der Erwägung, dass die gestiegene Mobilität in der EU dazu geführt hat, dass eine zunehmende Anzahl grenzüberschreitender Streitigkeiten zu elterlicher Verantwortung und dem Sorgerecht für Kinder zu verzeichnen sind; in der Erwägung, dass die Kommission ihre Bemühungen verstärken muss, um in allen Mitgliedstaaten, auch in Deutschland, die konsequente und konkrete Umsetzung der Grundsätze des von allen EU-Mitgliedstaaten ratifizierten Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes zu fördern;

J.  in der Erwägung, dass der Anwendungsbereich und die Ziele der Brüssel-IIa-Verordnung auf dem Grundsatz des Verbots der Diskriminierung von Unionsbürgern aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten beruhen;

K.  in der Erwägung, dass die Bestimmungen der Brüssel-IIa-Verordnung in keiner Weise einen Missbrauch der ihr zugrunde liegenden Ziele der gegenseitigen Achtung und Anerkennung, der Vermeidung von Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und vor allem der tatsächlichen Sicherung des Kindeswohls auf objektive Weise zulassen sollten;

L.  in der Erwägung, dass die Tatsache, dass nicht genau und ausführlich kontrolliert wird, ob die zuständigen deutschen Behörden bei Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, bei ihren Verfahren und Vorgehensweisen auch wirklich das Verbot der Diskriminierung beachten, nachteilige Auswirkungen auf das Kindeswohl haben kann und möglicherweise zu einer zunehmenden Verletzung der Rechte nichtdeutscher Eltern führt;

M.  in der Erwägung, dass das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass ein Gericht beantragen kann, ein Kind zu hören, das zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht ganz drei Jahre alt ist; in der Erwägung, dass Kinder in einigen anderen EU-Mitgliedstaaten in diesem Alter für zu jung und nicht reif genug erachtet werden, um bei Streitigkeiten zwischen den Eltern befragt zu werden;

N.  in der Erwägung, dass das Recht des Kindes auf Familienleben nicht durch die Wahrnehmung eines Grundrechts wie Freizügigkeit oder Aufenthaltsfreiheit gefährdet werden darf;

O.  in der Erwägung, dass die Rechtsprechung des EuGH den autonomen Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ des Kindes und die Vielzahl der Kriterien, die von den nationalen Gerichten zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts verwendet werden müssen, im EU-Recht festgelegt hat;

P.  in der Erwägung, dass aus Artikel 24 der Charta der Grundrechte der EU hervorgeht, dass jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen hat, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, es sei denn, dies steht dem Wohl des Kindes entgegen;

1.  stellt mit großer Besorgnis fest, dass die Probleme im Zusammenhang mit dem deutschen Familienrecht, einschließlich der umstrittenen Rolle des Jugendamtes, die in Petitionen nichtdeutscher Elternteile angeprangert wurden, weiterhin ungelöst bleiben; betont, dass der Petitionsausschuss ständig Petitionen von nichtdeutschen Elternteilen erhält, in denen über schwerwiegende Diskriminierung aufgrund der von den zuständigen deutschen Behörden konkret angewandten Verfahren und Vorgehensweisen bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, berichtet wird;

2.  verurteilt sämtliche Fälle von Diskriminierung nichtdeutscher Elternteile durch das Jugendamt;

3.  weist darauf hin, dass der Petitionsausschuss sich seit Jahren mit Petitionen zur Rolle des deutschen Jugendamtes befasst; nimmt die ausführlichen Antworten des zuständigen deutschen Ministeriums über die Anwendung des deutschen Familienrechts zur Kenntnis, betont aber, dass der Petitionsausschuss ständig Petitionen wegen mutmaßlicher Diskriminierung des nichtdeutschen Elternteils erhält;

4.  betont, dass die Behörden der Mitgliedstaaten nach der Brüssel-IIa-Verordnung verpflichtet sind, Entscheidungen eines anderen Mitgliedstaates in Fällen, an denen Kinder beteiligt sind, anzuerkennen und zu vollstrecken; ist besorgt darüber, dass die deutschen Behörden bei Familienstreitigkeiten mit grenzüberschreitenden Auswirkungen die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen in anderen Mitgliedstaaten systematisch verweigern können, wenn Kinder, die noch nicht ganz drei Jahre alt sind, nicht gehört wurden; betont, dass dieser Aspekt den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens mit anderen Mitgliedstaaten untergräbt, deren Rechtssysteme unterschiedliche Altersgrenzen für die Anhörung eines Kindes festlegen;

5.  bedauert, dass die Kommission seit Jahren keine genauen Überprüfungen der Diskriminierungsfreiheit der Verfahren und Vorgehensweisen im Rahmen des deutschen familienrechtlichen Systems, darunter jener des Jugendamts, bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten durchführt, und daher versagt, wenn es um eine wirksame Sicherung des Kindeswohls und die Wahrung der damit verbundenen Rechte geht;

6.  hält es für sehr wichtig, dass die Mitgliedstaaten statistische Daten über die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sammeln im Zusammenhang mit dem Sorgerecht für Kinder, an denen ausländische Elternteile beteiligt sind, insbesondere über das Ergebnis der Urteile, um eine detaillierte Analyse der bestehenden Trends im Laufe der Zeit vornehmen und Referenzwerte anbieten zu können;

7.  weist im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH mit Nachdruck auf den autonomen Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ des Kindes im EU-Recht hin, sowie auf die Vielzahl der Kriterien, die von den nationalen Gerichten zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts verwendet werden müssen;

8.  fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in den Fällen, auf die in den Petitionen des Petitionsausschusses Bezug genommen wird, von den deutschen Gerichten ordnungsgemäß festgelegt wurde;

9.  kritisiert nachdrücklich, dass keine statistischen Daten über die Zahl der Fälle in Deutschland vorliegen, in denen die Rechtsprechung nicht den Empfehlungen des Jugendamtes entsprach, sowie über die Ergebnisse von Familienstreitigkeiten, an denen Kinder binationaler Paare beteiligt waren, obwohl seit vielen Jahren wiederholt gefordert wird, dass solche Daten erhoben und öffentlich zugänglich gemacht werden sollten;

10.  fordert die Kommission auf, in den betreffenden Petitionen zu prüfen, ob die deutschen Gerichte bei der Festlegung ihrer Zuständigkeiten die Bestimmungen der Brüssel-IIa-Verordnung ordnungsgemäß eingehalten haben und ob sie Urteile oder Entscheidungen von Gerichten anderer Mitgliedstaaten berücksichtigt haben;

11.  verurteilt, dass die Tatsache, dass nichtdeutsche Elternteile im Falle des begleiteten Umgangs die offizielle Praxis des Jugendamtes, bei Gesprächen mit ihren Kindern deutsch zu sprechen, nicht eingehalten haben, und dass dies dazu geführt hat, dass die Gespräche abrupt unterbrochen wurden und eine Kontaktsperre zwischen den nichtdeutschen Eltern und ihren Kindern verhängt wurde; ist der Auffassung, dass diese Vorgehensweise seitens der Beamten des Jugendamtes eine klare Diskriminierung nichtdeutscher Elternteile aus Gründen der Sprache darstellt;

12.  vertritt die feste Überzeugung, dass die deutschen Behörden in Fällen des begleiteten Umgangs bei Gesprächen zwischen Eltern und ihren Kindern alle Sprachen zulassen müssen; fordert, dass Mechanismen eingeführt werden, mit denen sichergestellt werden soll, dass nichtdeutsche Eltern und ihre Kinder in der zwischen ihnen üblichen Sprache kommunizieren können, zumal die Verwendung dieser Sprache eine wesentliche Rolle spielt, wenn es darum geht, starke emotionale Bindungen zwischen Eltern und Kindern aufrechtzuerhalten und einen wirksamen Schutz des kulturellen Erbes und des Wohlergehens des Kindes sicherzustellen;

13.  glaubt fest daran, dass den Empfehlungen des am 3. Mai 2017 angenommenen Abschlussberichts der Arbeitsgruppe des Petitionsausschusses zum Wohlergehen von Kindern schlüssige und wirksame Maßnahmen folgen müssen, insbesondere was die Rolle des Jugendamts und das deutsche Familienrecht betrifft;

14.  erinnert Deutschland an seine internationalen Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, insbesondere an Artikel 8; ist der Auffassung, dass alle deutschen Behörden erhebliche Verbesserungen vornehmen müssen, damit das Recht von Kindern binationaler Paare, ihre Identität zu behalten, einschließlich ihrer Familienbeziehungen, angemessen gewahrt werden kann, wie vom Gesetzgeber anerkannt, ohne unrechtmäßige Einmischung;

15.  ist der Auffassung, dass die Kommission im Lichte von Artikel 81 AEUV eine aktive Rolle bei der Gewährleistung fairer und kohärenter diskriminierungsfreier Vorgehensweisen gegenüber Eltern bei der Behandlung grenzüberschreitender Fälle von Sorgerecht für Kinder in der gesamten Union spielen kann und muss;

16.  fordert die Kommission auf, um für genaue Überprüfungen der Diskriminierungsfreiheit der Verfahren und Vorgehensweisen im Rahmen des deutschen familienrechtlichen Systems, darunter jener des Jugendamts, bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten zu sorgen;

17.  fordert die Kommission auf, die Schulungen und den internationalen Austausch von im Bereich der sozialen Dienste beschäftigten Beamten zu verstärken, um das Bewusstsein für die Arbeitsweise ihrer Kollegen in anderen Mitgliedstaaten zu schärfen und einen Austausch über bewährte Verfahren zu ermöglichen;

18.  hält eine enge Zusammenarbeit und eine effiziente Kommunikation zwischen den verschiedenen an Fürsorgeverfahren beteiligten nationalen und lokalen Behörden, von den Sozialdiensten bis hin zu den Gerichts- und Zentralbehörden, für sehr wichtig;

19.  hält es für sehr wichtig, die justizielle und administrative Zusammenarbeit zwischen deutschen Behörden und den Behörden anderer Mitgliedstaaten zu verbessern, damit bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, für gegenseitiges Vertrauen im Hinblick auf die Anerkennung und Durchsetzung von Entscheidungen und Urteilen der Behörden anderer Mitgliedstaaten in Deutschland gesorgt wird;

20.  erinnert daran, wie wichtig es ist, dass nichtdeutsche Elternteile von Anfang an und in jeder Phase des Verfahrens, an dem Kinder beteiligt sind, unverzüglich vollständige und klare Informationen über das Verfahren und die möglichen Folgen in einer Sprache erhalten, die die betreffenden Elternteile voll und ganz verstehen, um Fälle zu vermeiden, in denen Elternteile ihre Zustimmung geben, ohne die Auswirkungen ihrer Verpflichtungen voll und ganz zu verstehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Unterstützung, Hilfe, Beratung und Information ihrer Staatsangehörigen zu ergreifen, wenn sie diskriminierende oder nachteilige Gerichts- und Verwaltungsverfahren anprangern, die von den deutschen Behörden in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten, an denen Kinder beteiligt sind, gegen sie eingeleitet wurden;

21.  betont, dass die angeprangerten Fälle, in denen nichtdeutsche Elternteile daran gehindert werden, während eines Besuchs mit ihren Kindern in ihrer gemeinsamen Muttersprache zu kommunizieren, eine Diskriminierung aufgrund der Sprache darstellen und auch dem Ziel zuwiderlaufen, die Mehrsprachigkeit und die Vielfalt der kulturellen Hintergründe innerhalb der Union zu fördern, und gegen die Grundrechte der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit verstoßen;

22.  äußert seine Besorgnis über die von den Petenten angesprochenen Fälle mit kurzen Fristen, die von den zuständigen Behörden festgelegt wurden, sowie betreffend Dokumente, die von den zuständigen deutschen Behörden übermittelt wurden und nicht in der Sprache des nichtdeutschen Petenten vorliegen; betont das Recht der Bürger, die Annahme von Dokumenten zu verweigern, wenn sie nicht in einer Sprache geschrieben oder in eine Sprache übersetzt werden, die sie verstehen, wie dies in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung 1393/2007 über die Zustellung von Schriftstücken festgelegt ist; fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Bestimmungen dieser Verordnung in Deutschland gründlich zu prüfen, um alle möglichen Verstöße angemessen anzugehen;

23.  fordert die Kommission auf, die Einhaltung der sprachlichen Anforderungen in den Verfahrens vor den deutschen Gerichten in den Fällen, die in den dem Europäischen Parlament vorgelegten Petitionen genannt werden, zu überprüfen;

24.  bekräftigt seine Forderung an die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Einrichtung einer Plattform zur Unterstützung von EU-Ausländern in Familienverfahren mitzufinanzieren und zu fördern;

25.  erinnert die Mitgliedstaaten daran, wie wichtig es ist, die Bestimmungen des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen von 1963 systematisch umzusetzen und sicherzustellen, dass die Botschaften oder konsularischen Vertretungen von Beginn des Fürsorgeverfahrens an in allen Fällen, die deren Staatsangehörige betreffen, ordnungsgemäß informiert werden, und dass sie umfassenden Zugang zu allen einschlägigen Dokumenten haben; hält eine vertrauenswürdige konsularische Zusammenarbeit in diesem Bereich für sehr wichtig und schlägt vor, dass die konsularischen Behörden die Möglichkeit haben sollten, jeder Phase des Verfahrens beizuwohnen;

26.  erinnert die Mitgliedstaaten an die Notwendigkeit, dem Kind gemäß dem Wortlaut der Artikel 8 und 20 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes jede erforderliche und berechtigte Unterbringung in Pflegefamilien zu gewähren und insbesondere eine kontinuierliche Kinderbetreuung unter Berücksichtigung der ethnischen, religiösen, sprachlichen und kulturellen Identität des Kindes zu ermöglichen;

27.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1.
(2) ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79.
(3) Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 22. Dezember 2010, Barbara Mercredi/Richard Chaffe, C-497/10 PPU, ECLI:EU:C:2010:829.
(4) Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 2. April 2009, A, C-523/07, ECLI:EU:C:2009:225.
(5) ABl. C 66 vom 21.2.2018, S. 2.

 

 

Letzte Aktualisierung: 26. November 2018